Diagnose Demenz – und was kommt dann?

Der erste Schritt zu einer umfänglichen Diagnostik einer Demenzerkrankung fällt Betroffenen und Angehörigen meistens am schwersten. Zu groß sind die damit verbundenen Ängste, evtl. auch Scham vor dem sozialen Umfeld oder KollegInnen. Der zunehmende Verlust der „Alltagskompetenzen“ ängstigt die betroffenen Menschen und sie befürchten oftmals, entmündigt, ausgegrenzt und nicht mehr ernst genommen zu werden.

Angehörige und LebensbegleiterInnen tragen mit der Diagnose „Demenz“ eine große Last an der Verantwortung für den erkrankten Menschen und sehen sich in der Pflicht, an seiner Statt wichtige Entscheidungen zu treffen. Dabei ist die Unsicherheit über den zukünftigen Verlauf groß. Aus einer solchen Not heraus wird eine Diagnose oft sehr lange herausgezögert.

Der Preis hierfür ist leider, dass Betroffene und Angehörige ein ständiges „Versteckspiel“ aufführen und viele Umdeutungen von Fehlern inszenieren müssen. Darauf folgt, weil dies immer weniger gelingt und obendrein extrem anstrengend ist, sozialer Rückzug. Damit haben sich für Demenzkranke und ihre LebensbegleiterInnen ihre ersten Befürchtungen erfüllt.

Früh erkannt – viel gewonnen!

Je früher Gewissheit über die Erkrankung besteht, desto besser sind die Möglichkeiten für Betroffene, wichtige Lebensentscheidungen gemeinsam mit ihren LebensbegleiterInnen vorzubereiten und in ihrem Sinne zu treffen. Diese können dann notiert werden und zu einem späteren Zeitpunkt zu notwendigen Entscheidungen hinzugezogen werden. Zu solchen Überlegungen sind Menschen in einem frühen Stadium einer Demenz noch sehr gut in der Lage. In dieser Weise beteiligt, verlieren sie und ihre LebensbegleiterInnen einen Teil ihrer Zukunftsängste; können sich wieder ressourcenorientiert mit der Erkrankung auseinandersetzen und zukunftsorientiert planen.

Veränderungen selbst gestalten

Die Diagnose Demenzverändert das Leben von Betroffenen und LebensbegleiterInnen oftmals grundlegend. Gemeinsam verarbeitet und geplant kann sie aber auch Anstoß für positive Veränderungen geben, über die jeweiligen Bedürfnisse zu sprechen und für alle Beteiligten akzeptable neue Wege der Alltagsgestaltung und –bewältigung zu gehen.

Die von Demenz betroffene Frau Singer aus Osnabrück hat es gegenüber der Alzheimer Gesellschaft sehr treffend formuliert:

„Wenn man es verkraftet hat, kommt da ganz viel schönes Leben raus.“

Dieser Beitrag bietet eine Übersicht über die Hilfestellungen und Gestaltungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Lebensbereichen sowie eine Liste von Ansprechpartnern und Beratungsmöglichkeiten im Bereich Parchim und überregionalen Informations- und Beratungsangeboten.

 

Frühzeitige medizinische Behandlung einer Demenzerkrankung

Demenz ist ein Überbegriff für unterschiedliche Ursachen von Abbauprozessen im Gehirn. Diese können sehr unterschiedliche Ursachen und Symptome haben. 

https://www.deutsche-alzheimer.de/die-krankheit/die-alzheimer-krankheit.html

Informationen über die Alzheimer Krankheit

https://www.deutsche-alzheimer.de/die-krankheit/andere-demenzformen.html

Informationen über andere Demenzformen

 

Einigen Demenzerkrankungen liegen körperliche Ursachen zugrunde, die gut behandelbar sind. Diese Behandlung so früh wie möglich zu beginnen bedeutet auch, die Demenz zumindest aufzuhalten und weitere Schädigungen des Gehirns zu verhindern.

Es gibt zwar keine Medikamente, die eine Demenzerkrankung heilen können, aber Antidementiva, die den Krankheitsverlauf verzögern können. Bei starken Symptomen, unter denen die Betroffenen selbst massiv leiden, können Antidepressiva, in Ausnahmefällen und zeitlich begrenzt auch Neuroleptika verschrieben werden.

Für Menschen mit einer Demenz im frühen Stadium und ihre LebensbegleiterInnen gibt es Rehabilitationsangebote, bei denen die erkrankten Menschen und ihre Angehörigen lernen, so mit der Erkrankung umzugehen, dass die Selbständigkeit der Betroffenen lange erhalten bleibt.

Zudem gibt es eine Reihe nicht-medikamentöser Behandlungsmöglichkeiten. Zu diesen gehören Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie, welche die Symptome mindern und Alltagsfähigkeit und Selbständigkeit erhalten helfen.

Umgang mit der Diagnose

Die Diagnose „Demenz“ muss zunächst selbst verkraftet und mit nahen LebensbegleiterInnen verarbeitet werden. Viele, möglichst selbst eingeleitete, Veränderungen, stehen bevor und könnten die Menschen im Umfeld irritieren sowie zu Missverständnissen führen.

Die beste Strategie dagegen ist, mit nahestehenden Menschen über die Erkrankung und die damit einhergehenden Veränderungen zu sprechen.

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft bietet dazu viele hilfreiche Handreichungen für Betroffene und ihr soziales Umfeld.

Vielleicht können wichtige Personen auch an einem 2-stündigen Demenzpartner Seminar teilnehmen, in dem viele Informationen und Bewältigungsstrategien vermittelt werden. 

Diese Seminare werden auch für unterschiedliche Berufsgruppen vom Netzwerk Demenz Parchim angeboten.

Je offener mit der Diagnose umgegangen wird, mit umso mehr Verständnis und Unterstützung können Betroffene rechnen!

Erleichterungen durch den Schwerbehindertenausweis

Es ist empfehlenswert, direkt nach der Diagnose einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Dieser schützt z.B. vor einer Kündigung auf Grund eingeschränkter Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz. Mit dieser Absicherung im Hintergrund kann z.B. in einem offenen Gespräch mit dem Chef besprochen werden, wie ggf. die beruflichen Aufgaben an die vorhandenen Kompetenzen angepasst werden können. Zudem bietet der Schwerbehindertenausweis, je nach Kennzeichen, steuerliche Ermäßigungen, und andere Erleichterungen.

https://www.lagus.mv-regierung.de/Soziales/Schwerbehindertenrecht/

Vorsorge treffen beruhigt

Im fortgeschrittenen Stadium einer Demenz können Betroffene nur noch eingeschränkt z.B. über das eigene Vermögen oder darüber entscheiden, wer als Vertrauensperson die eigenen Entscheidungen umsetzen kann. Um auch in diesen Punkten als Betroffener Einfluss nehmen zu können gibt es verschiedene Instrumente wie z.B. eine

Vorsorge-Vollmacht, eine Betreuungs-Verfügung, die Patienten-Verfügung und das Testament.

Die Wünsche des Betroffenen können in Absprache mit einer Vertrauensperson formuliert und in die jeweilige Vollmacht bzw. Verfügung übernommen werden und bleiben gültig.

Immer, aber vor Allem wenn höhere Vermögen oder Immobilien betroffen sind, ist eine notarielle Beurkundung zu empfehlen.

Informationen und Vordrucke gibt es auf www.bmjv.de unter Publikationen. 

Finanzielle Absicherung regeln

Die Frage, wie es finanziell weitergeht, belastet Betroffenen und LebensbegleiterInnen häufig massiv. Für Berufstätige sind das Krankengeld, danach ggf. eine Erwerbsminderungs- oder Unfähigkeitsrente der Weg aus der Unsicherheit. Auch dabei hilft der Schwerbehindertenausweis. 

Reichen die Rente und weiteres Einkommen nicht aus um den Lebensunterhalt zu sichern besteht Anspruch auf „Grundsicherung im Alter“ oder auch „Hilfe zur Pflege“, wenn die Leistungen der Pflegeversicherung nicht ausreichen.

In diesen Fragen beraten die regionalen Pflegestützpunkte unabhängig und individuell.

Anregende Freizeitgestaltung aufrecht erhalten –  das Vergessen vergessen!

Hobbies sollten weiterhin gepflegt werden! Wenn diese bisher in einem Verein oder einer Gruppe ausgeübt wurden ist es wichtig und hilfreich, eine Vertrauensperson über die Erkrankung zu informieren. So werden Missverständnisse vermieden und Menschen mit Demenz erfahren eher Verständnis und Hilfestellung, wo dies nötig ist. 

Auch neue Sportangebote, musikgeragogische, kulturgeragogische und kunsttherapeutische Angebote, je nach Neigung und Interesse, können die Stimmung und Gedächtnisleistung sowie Orientierung verbessern, vorhandene Fähigkeiten fördern, Unruhe und Ängste mindern und damit die Lebensqualität erhöhen. Viele Angebote können gemeinsam mit den LebensbegleiterInnen wahrgenommen werden, was eine gemeinsame Auszeit ermöglicht und Freude in den manchmal schwieriger gewordenen Alltag bringt!

Über solche Aktivitäten können zudem neue Kontakte entstehen, evtl. zu Menschen mit derselben Herausforderung. Hier finden Betroffene und Angehörige Verständnis und Toleranz und können gemeinsam und mit anderen eine gute Zeit verbringen.

Sollte ein geliebtes Hobby mit dem Fortschreiten der Demenz nicht mehr ausgeübt werden können ist es gut, sich frühzeitig über andere Freizeitaktivitäten und –angebote zu informiert zu haben. Auch mit Demenz können neue Vorlieben und Interessen gelebt werden!

Der Pflegestützpunkt Parchim-Ludwigslust sowie die Alzheimer Gesellschaft M-V haben dazu eine Liste von Angeboten erstellt, die ständig erweitert wird.

Frühzeitig den Alltag neu strukturieren

Menschen mit einer Demenzerkrankung sind Experten in eigener Sache. In einem frühen Stadium können diese sehr gut erkennen und formulieren, welche Hilfestellung Sie benötigen, um ihren Alltag weitestgehend selbständig zu meistern.

Dazu können Gedächtnisstützen für Termine, Wochenpläne, Hinweise zu Schrankinhalten, das Anlegen eines Tagebuchs ebenso gehören wie das Einüben von Handyfunktionen oder Absprachen mit nahestehenden Menschen, die an Termine, Verabredungen oder Medikamenteneinnahme erinnern.

Eine regelmäßige Lebensführung, gesunde Ernährung, ausreichender Schlaf in Kombination mit Bewegung und geistiger Anregung verbessern das Wohlbefinden, verhindern Überforderung und können mögliche Begleiterscheinungen einer Demenz wie Unruhe, Gereiztheit oder Traurigkeit mindern. Tägliche Abläufe werden damit frühzeitig eingeübt und verinnerlicht.

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft bietet hierzu verschiedene Broschüren mit Tipps und Informationen.

 

Den Alltag selbständig meistern

Im Verlauf einer Demenzerkrankung werden komplexe Tätigkeiten des Alltags schwieriger.

Aber auch hierbei kann ein Mensch im frühen Stadium der Demenz die Weichen für ein späteres, fortgeschrittenes Stadium selbst stellen.

Vielleicht lassen sich sehr anspruchsvolle Koch- und Backrezepte oder auch Reparatur-arbeiten nicht mehr umsetzen. Aber es können einfachere Rezepte ausprobiert und gesammelt werden und die Freude an handwerklicher Betätigung kann auch in Form eines gut zu bewältigenden handwerklichen Hobbies ausgelebt werden. Die Anerkennung für die so selbst produzierten Ergebnisse wird nicht geringer ausfallen!

Probeessen bei einem Essensanbieter auf Rädern, in einem Restaurant, einem Mehrgenerationenhaus oder einer Seniorenfreizeitstätte machen Spaß und bieten eine angenehme Perspektive für die Zeit, wenn das Kochen nicht mehr gelingen mag.

Sich frühzeitig über Hilfsmittel für Menschen mit Demenz zu informieren und diese zu nutzen macht sie vertraut.

Telefone mit großen Tasten, Stationstasten mit Fotofeld und Notruf sowie 

feste Plätze für wichtige Dinge wie z.B. Schlüssel, Telefon, Portemonaie oder Handy erleichtern die Übersicht. Diese neue Ordnung ganz bewusst einzuhalten hilft, diese zu verinnerlichen.

Klare Strukturen in Schränken und Regalen helfen, die Übersicht zu behalten und Dinge leichter zu finden. An den Schränken können auch Hinweise auf deren Inhalt angebracht werden. Dazu ist es hilfreich, Hausrat und Kleidungsstücke auszusortieren. In einem frühen Stadium der Demenz kann ein*e Betroffene*r gut selbst entscheiden, was wichtig oder überflüssig ist. Auch und besonders die LebensbegleiterInnen können und sollten dies unterstützen!

Eine Uhr in jedem Zimmer hilft bei der Orientierung im Tagesablauf.

Es kommt der Tag, an dem das Autofahren aufgegeben werden muss. Frühzeitige Information über alternative Mobilität wie die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Mitfahrmöglichkeiten, Taxiunternehmen oder Liefermöglichkeiten bieten Perspektiven, wie selbstbestimmte Mobilität auch ohne Auto möglich bleibt. Auch solche Mobilitätsangebote kann man beizeiten ausprobieren und selbst entscheiden, was zu gegebener Zeit am praktikabelsten und komfortabelsten nutzbar ist.

 

Technische Hilfsmittel nutzen, Sicherheit gewährleisten

Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von technischen Hilfsmitteln, die Sicherheit im Haushalt und bei eigenständigen Aktivitäten außer Haus gewährleisten.

Dazu gehören Elektrogeräte mit Abschaltautomatik ebenso wie Herde und Backöfen mit Timer oder Herdsicherung. Rauchmelder gehören ohnehin in jede Wohnung!

Wenn das Schreiben schwer fällt, können ein vertrautes Tablet mit Diktierfunktion oder ein Diktiergerät helfen.

Außer Haus bietet ein Notrufsystem, ggf. mit einer Personenortung Schutz und Hilfe bei Orientierungsproblemen.

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft bietet zu den technischen Hilfsmitteln eine umfassende und unabhängige telefonische Beratung. Tel.: 030-259379514

Überforderung vermeiden

Mit dem Fortschreiten der Demenzerkrankungen fühlen sich viele LebensbegleiterInnen von der täglichen Betreuung und Pflege ihres Angehörigen überfordert. Aber auch Betroffene selbst fühlen sich evtl unwohl dabei, alleine auf die Rückkehr der Betreuungsperson zu warten oder aber den komplexen Alltag alleine zu meistern. Hinzu kommt oft das Gefühl, anderen zur Last zu fallen. So weit muss es nicht kommen, wenn rechtzeitig Angebote für Alltagshilfen vor Ort recherchiert und gemeinsam beraten und ausgewählt werden.

Im Bereich Parchim gibt es Entlastungsangebote für Menschen mit Demenz und ihre LebensbegleiterInnen durch die Helferkreise Parchim und Ludwigslust, die Nachbarschaftsassistenz sowie Tagespflegegruppen, in denen Menschen mit Demenz tageweise versorgt werden. Sie sind zudem eine gute Möglichkeit, soziale Beziehungen und Hobbies weiter zu pflegen.

Auch darüber diese verschiedenen Möglichkeiten der Entlastung sowie deren Förderung durch die Pflegekasse berät der Pflegestützpunkt.

Quellen, Informationen und Beratungsangebote:

Veröffentlichungen der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V.

www.deutsche-alzheimer.de sowie Alzheimer-Telefon: 030 – 259 37 95 14,

Email: info@deutsche-alzheimer.de

 

Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V., Landesverband M-V

Telefon: 0381 208 754 00
Telefax: 0381 208 754 05
E-Mail: info@alzheimer-mv.de
Internet: www.alzheimer-mv.de

 

Pflegestützpunkt Parchim

Tel.: 03871 722-5092,

Email: Pflegestuetzpunkt-Parchim@kreis-lup.de,

Internet: www.pflegestuetzpunktemv.de

 

Netzwerk Demenz Parchim

www.netzwerk-demenz-parchim.de

Telefon: +49 3871 212559

Email: leb-parchim@t-online.de

 

Helferkreis Parchim-Ludwigslust

https://www.kreis-lup.de/leben-im-landkreis/gesundheit-soziales/pflegeportal/helferkreis/